Von Kuivastu nach Hankö (Suomi)

Donnerstag, 9. Juli.2015
32 Seemeilen

Meine Bitte wurde erhört! Von wem auch immer. Aber wahrscheinlich von Rasmus, dem Gott des Windes… Auf jeden Fall hatten wir am letzten Bord-Tag von Susanne und Niels einen herrlichen Segeltag. Den Motor haben wir nur zum An- und Ablegen benötigt. Ansonsten sind wir mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit unter Segeln von 5,7 Knoten zwischen den estnischen Inseln Muhu, Hiiumaa und Vormsi sehr geschützt von Kuisvatu nach Haapsalu gesurft… Windstärke 5 bis 6. Das war der bisher beste Schnitt eines Segeltages! Ein schöner und versöhnlicher Abschluss für die beiden.

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Eines habe ich bisher vergessen zu erwähnen. Mit dem Übertritt der Seegrenze von Lettland nach Estland, haben die kilometerlanden, geraden Ostseestrände, die ich bisher so oft erwähnt habe, ein Ende gefunden. Hier sind die Ufer häufig schilfgrün und felsig und auch ist die Küste ist nun schon etwas mehr zerklüftet und von vorgelagerten Inseln und Felsen gekennzeichnet. Navigatorisch wird es nun etwas anspruchsvoller…

Haapsalu (dt: Hapsal) ist ein wirklich schönes estnisches Seebad. Wie in Kusessaare auch hier eine Burg, die vom deutschen Orden errichtet wurde und im 1300 Jahrhundert dem Bischof als Sitz diente, um das Baltikum zu christianisieren. Zufällig gerieten wir bei unserem abendlichen Burgrundgang dann noch in ein Violinenkonzert eines russischen Steicher-Emsembles im Dom der Burg. Tolle Klänge in einer beeindruckenden Kulisse!

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Diese ersten Eindrücke waren so schön, dass ich für morgen einen Hafentag einschiebe.

Freitag, 10. Juli.2015
Hafentag

Heute hieß es dann Abschied nehmen. Susanne und Niels machten sich per Bus auf den Weg nach Tallin, um von dort einen Tag später in die Heimat zu fliegen. Schön, dass ihr dabei wart!

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Ich hatte mich entschieden, Tallin auszulassen und mir diese schöne Stadt für einen späteren Zeitpunkt aufzuheben…

Zurück zu Haapsalu. Es nicht nur ein Seebad, sondern auch ein Kurort, der mit Schlammpackungen aus der Haapsalu-Bucht insbesondere finnische Rheumabeschwerden lindern kann 😉 So wurde ich von einem in Estland lebenden Deutschen aufgeklärt, den ich bei Einkaufen eigentlich nach Marmelade fragte… Tolle Gebäude aus Holz wie das Kurhaus und der Bahnhof, der mit einem tollen hölzern überdachten Bahnsteig aufwarten kann. Züge fahren hier nicht mehr. Der Bahnhof beheimatet heute den Busbahnhof und ein Eisenbahnmuseum. Elektronische Anzeigetafeln haben noch keinen Einzug gehalten!
Und an der Promenade in einer kleinen Ausstellung über die Promenade von Haapsalu deutsche Postkarten-Hinweise: „Hapsal, Große Promenade“!

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Als ich dann die Burg besichtigen wollte, von der wir am Vorabend ja schon einen ersten Eindruck gewinnen konnten, stand ich vor verschlossenen Türen. Also wurde nichts aus einer Turmbesteigung mit Fernblick auf den Yachthafen… Was war passiert? Über Nacht hatte sich die Stadt von einer estnischen in eine amerikanische Kleinstadt verwandelt. Überall amerikanische Autos wie Pick-Ups, PS-Boliden, Straßenkreuzern, Stretch-Limmos und die dazu passenden Menschen mit Tattoos und Westernhüten…. An diesem Wochenende fand in Haapsalu die „American Beauty“ statt, ein Happening insbesondere für amerikanische Autos und dem dazugehörigen Life-Style. Und das Ganze auf dem Gelände der Burg. Also Touristen raus, Autos rein…

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Es war ein schöner Abschlusstag in den baltischen Staaten. Morgen werde ich, wenn alles klappt, einmal quer durch den finnischen Meerbusen nach Finnland in die finnische Hafenstadt Hankö segeln. Von dort geht es dann weiter in die finnische Inselwelt.

Samstag, 11. Juli 2015
65 Seemeilen

Eigentlich sollte man sich für eine Etappe Richtung Norden eher einen Tag aussuchen, an dem der Wind nicht gerad aus der Richtung kommt, in die man segeln möchte… Trotzdem habe ich mich bei Nordwind auf den Weg Richtung Norden nach Hankö gemacht. Das heißt natürlich Kreuzen, sofern man nicht die ganze Strecke motoren möchte. Das habe ich dann auch gemacht, nachdem ich unter Motor gegen den Wind von der estnischen Küste frei gefahren war. Allerdings konnte ich nicht die ganze Strecke nach Hankö auf Kreuzkurs bleiben. Gestoppt wurde ich durch das Verkehrstrennungsgebiet, welches für die Groß-Schifffahrt in Finnischen Meerbusen eingerichtet ist. Ein Verkehrstrennungsgebiet ist eine Schiffsautobahn. In diesem Fall mit einer Spur Richtung Osten und einer Richtung Westen und einer Breite von rund 10 Seemeilen. Möchte man nun dieses Verkehrstrennungsgebiet queren, muss man dies in einem rechten Winkel tun, damit man möglichst schnell durch ist und die Großschifffahrt nicht behindert.

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Diesen Kurs (rote Linie) ließ aber der Wind nicht zu, also wieder Motor an. Wie schnell diese Frachter sind, sieht man an den folgenden drei Bildern:
Bild 1: Frachter noch „ganz weit weg“.
Bild 2: Nach 10 Minuten ist er dann schon vor meinem Bug.
Bild 3: Nach weiteren 10 Minuten nur noch ein Punkt am Horizont.

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Nachdem ich durch das Gebiet durch war, war der Wind mittlerweile leider so schwach, dass ich dann auch die letzten 20 Seemeilen nach Hankö unter Maschine weiter gefahren bin. Nach dem Hissen der finnischen Gastlandfahne gab es nach einem Schauer, in der Ferne eine Fähre unter dem Rest eines Regenbogens und wieder einen roten Sonnenuntergang. Ich kann mit an diesen Bildern einfach nicht satt sehen…

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Mit Hankö erreiche ich dann auch die ersten Schären. Sie werden mich nun ca. 4 Wochen in Finnland, den Ålands und Schweden begleiten.

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By the Way, wer weis eigentlich, wie viele Inseln Finnland (circa) hat? Die ersten drei (fast) richtigen Antworten (als Kommentar zu diesem Beitrag), werden mit einer handgeschrieben Postkarte belohnt…

Da ich mal wieder etwas Waschen muss, ein paar Einkaufe machen und Ausrüstung für das Boot ergänzen (Anker-Equipment für die Schären), werde ich morgen in Hankö bleiben.

Sonntag, 12. Juli 2015
Hafentag

Hankö ist ein quirliger Segler bzw. Wassersportort. Hier kreuzen sich die Routen der Segler, die in die Turku-Schären oder die Alands wollen oder von und nach Helsinki sowie nach Süden ist Baltikum reisen. Das erklärt sicher auch die auf meiner bisherigen Reise teuersten Hafengebühren von 37 €(!). Nein, ich habe keine Aida, nur ein 7,78-Böötchen… Und die Cote d‘Azur ist hier auch nicht!
Bei meinen Versorgungsüberlegungen hatte ich nicht bedacht, das heute Sonntag ist. Einkaufen im Supermarkt funktionierte, der war auf, aber der Laden mit Segelzubehör erst am Montag wieder. Also werde ich morgen etwas später los fahren, nachdem ich auch diese Besorgungen erledigt habe.

Und jede Stadt hat Ihren Turm… Mal ein Kirchturm, mal ein Leuchtturm, mal ein Rathausturm, im Hankö war es der Wasserturm. Also rauf und von oben schauen. Allerdings war die Sicht wetterbedingt nicht so toll.

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Am Abend habe ich dann mit einem anderen deutschen Segler, dessen Reise ich im Internet verfolge, zusammen ein Bierchen getrunken. Heinz mit seiner Fenris vom Stettiner Yachtclub in Bad Schwartau. Der Hafen, in dem auch ich gestartet bin. Dort sind wir uns schon mal kurz begegnet, heute haben wir dann etwas länger Erfahrungen ausgetauscht. Er dreht die Ostseerunde fast komplett „Einhand“, allerdings genau in die andere Richtung. Für ihn geht es morgen Richtung Osten weiter, für mich Richtung Westen. Weiter gute Fahrt, Heinz!

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8 Gedanken zu “Von Kuivastu nach Hankö (Suomi)

  1. Martin Höfer

    Hallo Rainer, für das Gewinnspiel komme ich wohl zu spät! 😉 Nun ist bei Dir gerade Halbzeit. Ich wünsche Dir auch in der zweiten Hälfte Deiner Reise alles Gute und schreibe fleißig weiter! Ich freue mich schon auf die Schweden-Einträge! Ha det bra!

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      1. Martin Höfer

        Nach Einsatz meines Google-Jokers antworte ich wie folgt: Ungefähr 76.000 Inseln mit einer Größe von mehr als einem halben Hektar. 56.000 Seen mit ebendieser Größe, 647 Flüsse, 314.000 km Küstenlinie und – jetzt kommt’s: 700.000 Privatboote! Also immer schön den Ausguck besetzen! Alles Gute weiterhin!

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      2. sylummel

        OK Martin. Karte kommt… Sind zwar 190.000 Inseln, aber ich hatte ja circa geschrieben 😉
        Mit den Booten ist irgendie klar. Wie mir ein Finne erzählte, hat fast jede Familie hat ein Sommerhaus auf einer der vielen Inseln, da muss man dann ja auch irgendwie hinkommen!

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