Zurück nach Europa

14. Tag: Von Faversham nach Ramsgate, 32 Seemeilen

Als wir am Morgen aufstanden, sah es noch nicht so aus, dass man hier gegen 14:00 Uhr tatsächlich wieder mit einem Boot fahren könnte. Wir sind also nochmal in die Stadt gegangen, um ein paar Besorgungen zu machen und noch einen Blick in den einen oder anderen Winkel der 18.000 Einwohner zählenden Stadt in der Grafschaft Kent zu werfen. Auf eine Morgen-Dusche hatten wir verzichtet (siehe Bericht vom 13. Tag!).

Aus dem Baumstumpf geschnitzt: Das historische Tor zur Abbey von Faversham
Die Abbey von Faversham
Blick in die Stadt
Typischer Straßenzug
Altes Quay

Als wir nach unserer Rückkehr wieder am Boot waren mussten wir noch eine Stunde warten, bis LuMMEL vollends aus dem „mud“ wieder heraus war und schwamm. Gemütlich sind wir dann den kleinen Creek bis zur Mündung zurück getuckert.

Look back…

Kurz nach der Mündung konnten wir auch gleich die Segel setzen und mit dem ablaufenden Wasser und 3 bis 4 Windstärken Richtung Ramsgate segeln. Der Strom schob uns bis Ramsgate. Ganz praktisch, denn das ablaufende Wasser aus der Themse strömt quasi „um die Ecke“ (North Foreland nennt sich das Kap nördlich von Ramsgate) weiter südlich, so dass man aus der Themse heraus mit ca. 9 Stunden mitlaufendem Wasser rechnen kann. Eigentlich strömt es auch nicht um die Ecke, sondern man erreicht an dem Kap die Ström und, die von Norden in die Straße von Dover läuft. In der Spitze habe ich mit dem ablaufenden Wasser eine Geschwindigkeit von 9,3 Knoten auf dem Plotter gesehen. Ca. 6 Konten Bootsgeschwindigkeit plus 3 Knoten Strömung, mal so ganz unfachmännisch ausgedrückt :-). War schon geiles und schnelles Segeln durch den Queens-Channel in der Themsemündung.

North Foreland mit Leuchtturm
Rauschefahrt durch den Queens Channel mit 9,3 Knoten
Ansteuerung Ramsgate

Gegen 20:00 Uhr waren wir dann ins Ramsgate. Zu spät, um noch ein gutes Restaurant zu finden und unsere letzten Fish&Chips auf dieser Reise zu essen. Gelandet sind wir in einem zweitklassigen Imbiss mit fettigem Fish (mehr Panade als Fisch) und fettigen Pommes, aber köstlichem Leffe-Bier aus dem Pub nebenan.

15. Tag: Von Ramsgate nach Dünkirchen in Frankreich, 42 Seemeilen

Einen Hafentag in Ramsgate konnten wir uns nicht leisten. So langsam müssen wir doch an den Rückweg denken, und jede sich bietende Chance nutzen, um ein wenig weiter Richtung Heimat zu kommen. Bummeln können wir später vielleicht noch.

Also ging es gleich nach Dusche, Frühstück und Volltanken wieder raus auf die Nordsee. Unser Ziel war das europäische Festland, Dünkirchen in Frankreich. Hört sich großartig an, sind aber auch nur 42 Seemeilen. Allerdings quer durch den Ärmelkanal, der von Seglern wegen seines hohen Schiffsverkehrs, der teilweise heftigen Strömungen und Seegangsverhältnissen nur mit hohem Respekt befahren wird. Den hatten wir natürlich auch. Die Vorhersage gab den Wind mit 4 bis 5 Beaufort aus SW an. Also die richtige Windrichtung für die Passage. Hinsichtlich der Stärke war das nur ein wenig unterhalb der Grenze, die ich mir beim Segeln mit Annette gesetzt hatte. Aber es ging los. Auf den ersten Meilen war der Wind allerdings noch so lahm, dass wir die erste Stunde mit Maschine gefahren sind. Langsam wurde die Briese frischer und wir konnten das Verkehrstrennungsgebiet in der Dover Street an einem Punkt ansteuern (Kardinaltonne South Falls), wo es besonders schmal ist, und damit geeignet zur Querung war. Die Querung verlief komplikationslos. Es war nicht viel Verkehr. Nur einmal mussten wir „etwas Gas rausnehmen“, um einem Frachter freie Fahrt zu gewähren.

Der Wind entwickelte sich dann doch etwas heftiger, als angesagt. Ich denke, da war die eine oder andere Böe um die 6 Windstärken schon dabei. Gut, dass ich das Segel gerefft hatte! Entsprechend dem Wind war dann auch die Welle, ich denke die eine oder andere kam schon an die 1,5 bis 2 Meter. Ich war wieder sehr begeistert von meinem kleinen Boot, wie gut es sich in der Welle bewegt hat und auch von der Windsteueranlage, die mir fast durchgängig das Steuern abgenommen hatte.

Einzig Annette hat sich nicht so wohl gefühlt. Die Seekrankheit ging zwar nicht bis zum Äußersten, aber dennoch hatte sie ein mehr als nur ein flaues Gefühl in der Magengegend. An der Stelle möchte ich mal ein großes Danke an meine Frau loswerden. Sie macht das alles nur mir zu liebe, und ein Trip nach England ist sicher schon deutlich mehr, als man von seiner nicht segel-infizierten Frau erwarten darf!

Als wir unter Land an der französischen Küste waren, nahmen der Wind und auch die Welle ab, so dass ich die insgesamt nunmehr 11. Gastlandfahne auf LuMMEL hissen konnte.

Wechsel der Gastlandfahne
Industrieanlagen vor Dünkirchen

16. Tag: Von Dünkirchen nach Blankenberge (BE), 35 SM

Auch Dünkirchen kam nicht in den Genuss eines längeren Besuches von Annette und mir. Gerne hätten wir uns die Stadt und seine Geschichte im 2. Weltkrieg etwas näher angeschaut. Wir mussten aber weiter, da für den nächsten Tag 5 bis 6 angesagt waren. Also morgen schon ein voraussichtlicher Hafentag, einen weiteren wollte ich nicht spendieren.

Am Abend haben wir aber noch einen kleinen Rundgang am Innenhafen gemacht und auch die französische Küche getestet. In diesem Fall mit nur durchschnittlichem Ergebnis.

Innerer Hafen mit altem Frachtsegler und Feueschiff

Nachdem ich recht bald nach dem Start auch schon die 12. Gastlandflagge setzen konnte, ging es heute an fast der kompletten belgischen Küste in einem Abstand von nur ein paar Seemeilen entlang. Ein Ort mit Bettenburgen reiht sich an den nächsten: Nieuwpoort, Ostende, um nur die mit einem Hafen zu nennen. Es sind sicher noch mindestens fünf weitere. Nicht unbedingt schön, wobei man im Gegenlicht die Hochhäuser auch für die Kreidefelsen von Dover halten könnte ;-).

Mal wieder Gastlandfahne wechseln
Bettenburgen an der belgischen Küste

Die ersten 4 Stunden unter Motor und Gegenströmung von 1,5 Knoten ging es nur mäßig schnell voran. Dann setzten ca. 8 bis 10 Knoten Wind aus Nord-Nord-West ein, so dass wir wenigstens die Motorkraft durch Windkraft ersetzen konnten, ohne aber richtig schneller zu werden. Als der Wind dann wieder einschlief hatten wir mittlerweile wenigstens die Strömung mit uns und über 7 Knoten auf der Logge.

Gegen 19:15 konnten wir dann im Oude Visserhaven beim Royal Scarphout Yachtclub Blankenberge festmachen. Wer gerne mal sehen möchte, wie es da aussieht und wie man in den Hafen einläuft, der klickt hier. Ein informatives Video des Yachtclubs für Gäste.

Promenade
Liegeplatz LuMMEL

Morgen werden wir wohl einen Hafentag einlegen (müssen). Die Aussichten: Regen und Wind in Böen bis zu 7 Beaufort.

14 Gedanken zu “Zurück nach Europa

  1. Hey Rainer,
    tolle Reise – alle Achtung.
    Und dann noch mit deiner tapferen Frau.
    Meine würde das trotz aller Zuneigung ablehnen
    Aber sie kann gut allein sein und lässt mich ziehen.
    Interessante Details im Bericht und schöne Fotos.
    Ja, vom Windpilot bin ich auch immer begeistert.
    Morgen geht’s auch bei uns nach schrecklichen Wins und Regentagen hier von Dublin aus weiter gen Süden.
    Rainer mit Gert
    Sy Swantje
    http://www.sailing-rainer.eu

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  2. Martin Hoefer

    Moin Rainer,
    Hut ab, dass Du es immer schaffst, viele Fotos und interessante Berichte zu verfassen. Du hast mich damit auf unterhaltsame Weise von der Arbeit abgehalten! 🙂 Ich drücke Euch die Daumen, dass das Wetter diese Woche mitspielt und wünsche Euch noch schöne Tage!
    Gruß
    Martin

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