Auf Abwegen

Anruf auf Kanal 16: „Segelyacht Canata, Canata, Canata, hier ist die Potsdam.“ „Canata hört.“ „Bitte wechseln Sie auf Kanal 10.“ Dann auf Kanal 10: „Hier ist die Potsdam, ein Schiff der deutschen Küstenwache. Sie wissen, dass Sie auf der falschen Seite des Fahrwassers unterwegs sind?“ „Ja, wollte aber bald auf die richtige Seite wechseln, wenn sich eine gute Gelegenheit ergibt.“ „Ich bitte Sie, dies nun unverzüglich zu tun, oder außerhalb des Fahrwassers bleiben. Danke und Over!“

Mir war schon klar, dass es nicht wirklich korrekt ist, auf der falschen Fahrwasserseite zu fahren. Insbesondere auf einer so stark befahrenen Wasserstraße wie das Elbfahrwasser. Aber ich war immer ganz dicht an den Fahrwassertonnen, so dass ich davon ausging, dass ich da niemanden störe. Hatte ich auch nicht. Nur die Küstenwache in Gestalt des „Potsdam“. Einfach aus dem Fahrwasser rausfahren ging nicht, dafür kam der Wind zu weit von vorne und ich konnte nicht mehr „höher an den Wind“. Nun musste ich wohl oder übel abfallen, um auf der südlichen – richtigen – Seite meine Fahrt fortsetzen. Meine Befürchtung, auf der anderen Seite den Motor mitlaufen lassen zu müssen bestätigte sich dann aber nicht. So konnte ich auf der „richtigen Seite“ meine Fahrt nach Cuxhaven „hoch am Wind“ und ohne Motor fortsetzen.

Gestartet auf die Reise nach Cuxhaven war ich am Samstagmorgen planmäßig gegen 04:00 Uhr in Norddeich. Der Wattsegler sagt: „zur halben Tide“. In diesem Fall genau zwischen Hochwasser und Niedrigwasser Norddeich. Also von Norddeich raus mit ablaufendem Wasser, aber immer noch mit genug Wasser, um nicht aufzusetzen. Dachte ich… Kaum hatte ich abgelegt und wollte vom Hafenbecken in den Hafenkanal einbiegen, setzte Canata auch schon sanft auf einem Sandhaufen auf. War ich doch schon zu spät? Hatte ich mich in den Uhrzeiten des Gezeitenkalenders geirrt? Nein, nach dem ich mich mit einer beherzten Rückwärtsfahrt vom Sandhaufen freigemacht hatte, schaute ich nochmal genau in die Seekarte meines elektronischen Seekartenplotters. Einfach einen etwas größeren Bogen fahren war die Botschaft der Seekarte. Und schon, wenn man alles richtig macht, klappt es auch! Unbehelligt von weiteren Sandhaufen konnte ich dann meine Fahrt durch das „Busetief“ und das „Dovetief“ auf die Nordsee fortsetzen. Nach ca. 1,5 Stunden Motorfahrt durch die erste Morgendämmerung – nahe vorbei am Weststrand von N’ney – war ich dann auf der offenen Nordsee, konnte Segel setzen und meinen Kurs Richtung Helgoland absetzen.

Anders als bei der Durchquerung der Emsmündung eine Woche zuvor, war bei der Querung der Fahrwasser in die Weser, die Jade (da fahren richtig große Pötte nach Wilhelmshaven) und der Ansteuerung in die Elbe, richtig was los. Einfach ist es, einen Schifffahrtsweg der Großschifffahrt zu queren, wenn dieser einfach geradeaus geht. Da fahren die Schiffe sehr kalkulierbar. Hier quert man aber das Ende eines Schifffahrtsweges, an dem die Schiffe in verschiedene Richtungen abbiegen können. Ein Dampfer, der gerade noch parallel zu einem gefahren ist, dreht plötzlich in die eigene Richtung und schon muss man erhöhte Vorsicht walten lassen und genau beobachten, ob man gut an den zwei-, drei- oder auch mitunter vierhundert Meter langen Frachtern vorbeikommt. Zu Not hilft dann auch mal das Funkgerät, um sich mit den Frachtern abzustimmen. Das war jedoch nicht notwendig und kurz nach dem Gewusel konnte ich auch schon Deutschlands einzige Hochseeinsel am Horizont erkennen. Mit schönem Wind um die 3 Beaufort könnte ich die Tonne Helgoland-O (eine „Heulboje“, mal rein hören?) anlegen.

Bevor ich nach der 55-Seemeilen-Reise um ca. 15:00 Uhr in den Hafen fuhr, um einen Liegeplatz zu suchen, ging es vorher noch zur Tankstelle. Beim Tanken kann man auf Helgoland richtig sparen. Statt rund 1,50 € (an Bootstankstellen) für den Liter Diesel, kostet er auf Helgoland nur rund 1,019 € (Helgoland ist zollfreies Gebiet). Ich war aber mit meinen 30 Litern, die ich getankt habe an diesem Nachmittag nicht der Großkunde, sondern eine Flotte von Speedbooten, die ganz sicher weitaus sprithungriger sind als mein 27 PS-Dieselmotor.

Nach einem Rundgang durch das Unterland und Oberland ging es dann zum Essen in die Bunte Kuh, der Seglerkneipe auf der Felseninsel. Einen großen Rundgang bis zur langen Anna hatte ich mir für diesen Aufenthalt gespart. Helgoland steht ja auch noch auf dem Urlaubsreiseplan. Dann möchte ich mit Annette den Abend auf Helgoland aber etwas länger genießen. Um neun Uhr war ich durch den langen Tag so müde, dass ich bis zum Wecken um 6:00 Uhr am Sonntagmorgen eine traumlose Nacht hatte. Übrigens, wie schon in Harlingen, konnte ich auch auf Helgoland mein Liegegeld schuldig bleiben und kann es beim nächsten Besuch entrichten. Die Dame im Hafenbüro hatte die Kasse schon abgerechnet und konnte kein Geld mehr annehmen. Und am nächsten morgen wollte ich vor der Öffnungszeit schon wieder auf See sein. Nun habe ich einen Grund mehr, noch einmal nach Helgoland zu segeln!

Um 07:00 Uhr ging es dann zur Niedrigwasserzeit in Richtung Cuxhaven. Schöner Segelwind um die 3 Windstärken aus NO erwarteten mich auf der Nordsee. Bei der Einfahrt in die Elbe ist sehr genau darauf zu achten, dass man sich die Gezeit zum Freund macht. Sprich, sich mit dem Wasser „reinspülen“ lässt. Alles andere würde z.T. bis zu 5 Knoten Gegenströmung bedeuten, was die Fahrtzeit erheblich verlängern würde. Bei einer eigenen Geschwindigkeit von 6 Knoten bliebe noch 1 Knoten (1,852 km/h) tatsächliche Geschwindigkeit übrig. Nicht sehr üppig. Wenn man es aber umkehrt macht, kann man gerne mal bis zu 10, 11 oder 12 Knoten auf die Logge bringen und in die Elbe hinein rauschen. So kam es dann auch. Vorbei an einem Schweinswal sowie an der Kugelbake konnte ich dann um 13:00 Uhr nach 35 Seemeilen im Hafen des Segler-Vereinigung Cuxhaven festmachen.

Nun freuen Annette und ich uns auf unsere 3-wöchige Elbeerkundung mit einem Besuch in Hamburg und weiteren, hoffentlich schönen Zielen in Nordfriesland bei hoffentlich herrlichstem Sommerwetter!

8 Gedanken zu “Auf Abwegen

  1. Andrea

    Dann war die Canata schon zum zweiten Mal auf Helgoland. Mit uns schon mal vor einigen Jahren.
    Geniesst die Zeit und habt einen schönen Urlaub.

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    1. Ja, eigentlich könnte man einen 3-wöchigen Urlaub in der Elbe verbringen. Wir wollen aber noch weiter nach Amrum. Im Moment sind wir im HH-City-Hafen. Morgen geht es die Elbe wieder runter nach Brunsbüttel und weiter in die Eider. Machen evtl. für eine Tide Ankerpause hinter dem Pagensand.

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