Montag, 24. August 2015
36 Kanalmeilen
Das Niedrigwasser in Bremerhaven war für 13:57 Uhr angesagt. Darauf wollte ich mit der Weiterfahrt warten, denn es machte überhaupt keinen Sinn, gegen die Weser bei ablaufendem Wasser Richtung Süden zur Hunte anzukämpfen. Also bin ich dann zunächst durch die Seeschleuse der Geeste gefahren und bis kurz vor die Mündung in die Weser die letzten Windungen getuckert. Dort habe ich direkt hinter der Kennedybrücke an einem Schwimmsteg festgemacht.
Die verbleibende Zeit von 3 Stunden bis zum Niedrigwasser habe ich dann für Spaziergänge verwendet. Ein erster Spaziergang führte zu einer Tankstelle in ca. 2 km Entfernung. Bewaffnet mit den beiden leeren 5- und 10-Liter-Kanistern ging es los. Auf meinem Weg kam ich am Yachtafen des Weser-Yachts-Clubs vorbei. Da wurden Erinnerungen wach. Von hier war ich als Mitsegler vor einigen Jahren (gemeinsam mit Niels, meinem Mitsegler im Baltikum) das erste Mal nach Helgoland gestartet und von dort zu einem Regatta-Törn nonstop rund Skagen nach Kiel. Natürlich schaute ich nach, ob das Schiff von damals– eine Comfortina 38 namens Zampano – noch dort lag. Ich musste nicht lange suchen…
Mit langen Armen kam ich dann mit den gefüllten Kanistern wieder am Boot an. Ein paar Lastwechsel der ungleich großen Kanister sorgten wenigstens dafür, dass die Arme gleich lang blieben.
Ein zweiter Spaziergang führte mich noch ein wenig in die Nähe der Innenstadt, um ein paar Lebensmittel einzukaufen. Einen Supermarkt fand ich dann in einem Einkaufszentrum ganz in der Nähe des Schifffahrtsmuseums von Bremerhaven. Natürlich hat eine Seestadt wie Bremerhaven auch einen Großsegler, den man besichtigen kann, die Seute Deern. Und auch ein U-Boot ist zu bestaunen.
Nach diesem winzigen Ausflug in Bremerhaven ging es dann zur Niedrigwasserzeit auf die Weser raus. Später – fast zu halben Tide – schob der Flutstrom LuMMEL mit gut 7,5 Konten Richtung Süden. Also war es eine schnelle Passage Richtung Oldenburg, denn auch in der Hunte hatte ich noch den Flutstrom im Rücken. Während die Weser mit einigen schönen Strandpassagen und im Strom liegenden Fischerbooten aufwarten kann, ist die Hunte ein eingedeichter und vollständig gebändigter Flusslauf. Jedenfalls im Unterlauf zwischen Oldenburg und Wesermündung. Links und rechts Deiche mit Steinufer, nix wirklich liebliches…
In Oldenburg wählte ich den Hafen direkt vor der Schleuse in den Küstenkanal. Kein schlechter Hafen, jedoch für mich in diesem Moment eine schlechte Alternative… Nachdem ich das Hafengeld per Briefumschlag entrichtet hatte, waren meine Bargeldvorräte aufgebraucht. Da das Restaurant keine Karten akzeptierte (sollen sich mal ein Beispiel an den Skandinaviern nehmen, da kann man an jedem Kaffeeautomaten mit Karte bezahlen…), musste ich wohl oder übel mit einer Brotmahlzeit vorlieb nehmen. Der nächste Geldautomat war einige Kilometer entfernt und Brot hatte ich glücklicherweise noch. Den allerletzten Euro verwendete ich zu Duschen.
Dienstag, 25. August 2015
41 Kanalmeilen
Der 4. Kanaltag brach an. Mit Regen. Na toll! Ausgerechnet als ich vor der Schleuse in Oldenburg auf meinen Schleusengang wartete machte nicht diese auf, sondern die Schleuse über mir öffnete die Tore. Der Schleusengang in der Oldenburger Schleuse war für mich einer mit dem bisher größten Hub. Rund 4 Meter ging es von der Hunte hinauf zum Küstenkanal. Da hatte ich ordentlich damit zu tun, die Leinen von einem Poller auf den nächsthöheren umzustecken. Daher auch keine Fotos von dieser Aktion, schade!
Was dann begann, war schon ein wenig eintönig. Aus einigen Gesprächen mit Revierkennern hatte ich schon davon gehört, dass der Küstenkanal recht „langweilig“ sei. Am Anfang dachte ich noch: geht doch, nette Häuschen links und rechts, aber dann brach die Bebauung ab und es kamen recht lange und schnurgerade Passagen. Abwechslung brachten allein einige Industrieanlagen und Torfverladestationen sowie die Begegnungen mit entgegenkommenden Binnenschiffen. Ich habe sie gezählt, es waren genau 8 bis zur Schleuse in Dörpen! Und exakt 4 Sportboote! Mit irgendetwas musste ich mich ja beschäftigen…
Nach rund 7 Stunden erreichte ich die Schleuse in Dörpen und kurz danach die Einfahrt in die Ems bzw. den Dortmund-Ems-Kanal. Nach einer weiteren Schleuse in Bollingerfähr erreichte ich den Anleger des Ems Yacht Club Lingen in einem alten Emsarm kurz vor der Seeschleuse in Herbrum.
Als ob ich nicht schon durch Kanalfahrten unter Motor gestraft genug war, kam natürlich kurz nach meiner Ankunft der Hafenmeister (besser gesagt der „Stegwart“) und wollte das Liegegeld kassieren. Bargeld hatte ich natürlich immer noch nicht. Und auch hier kein Geldautomat in „mal eben“ erreichbarer Nähe. Nur eine Tankstelle. Da bin ich also hin und habe kurzerhand für einen barzahlenden Tankkunden per Karte bezahlt und mir das Bargeld von ihm geben lassen. So geht Geldautomat im Emsland…
Nun hatte ich Geld und konnte den Hafen bezahlen. Ich hätte sogar noch genug Geld gehabt, um Essen zu gehen, das in der Nähe des Anlegers angekündigte Restaurant Emsblick hatte seinen Betrieb allerdings von einiger Zeit eingestellt. Also ging es an die letzten Notfall-Vorräte: Nudeln mit Gulasch aus der Dose, lecker, lecker, lecker…
Wie konnte ich mich denn wenigstens noch ein bisschen für den harten Tag belohnen? Nach fast 3 Monaten mal wieder Fernsehen? Gesagt getan. USB-DVB-T-Stick an den PC angeschlossen und den Sendersuchlauf gestartet. Nix. Ein zweites Mal gestartet. Wieder nix. Und ein drittes Mal. Aber auch ohne Erfolg. Also auch kein DVB-T im Emsland. Selbst ein wenig daddeln im Internet fiel heute aus. Kein Netz im Emsland…
Und fast wäre an einem Tag wie diesem ein Höhepunkt fast verloren gegangen. Nach 6 Seemeilen auf dem Küstenkanal hatte ich die 2.000-Seemeilen-Marke geknackt 🙂
Morgen geht es in die Emsland-Metropole Papenburg. Ich werde berichten…
Mittwoch 25. August 2015
54 Kanalmeilen
Ob es daran lag, dass der gestrige Emslandtag nicht ganz so erquickend war, auf jeden Fall war ich dann nicht wie geplant nach Steuerbord zur Seeschleuse nach Papenburg eingebogen, sondern habe mich vom kräftigen Emsstrom einfach daran vorbei treiben lassen. Obwohl der große in Bau befindliche Cruiser Norwegian Escape (325 Meter, 4.200 Passagiere) auf der Meyer Werft schon ein wenig gelockt hat… Im September tritt er dann die Reise – wie ich heute – über die Ems Richtung Nordsee an. Allerdings rückwärts. Wie dieses Teil dann durch die Brücken und das Ems-Sperrwerk passen soll? Wird wohl…
Nachdem ich dann Papenburg als Etappenziel fallen gelassen habe, nahm ich zunächst Emden ins Visier. Aber kurz vor dem Abzweig dorthin habe ich mich dann doch für Delfzijl und eine Weiterfahrt bis Groningen in den Niederlanden entschieden. Und am nächsten Tag dann weiter nach Lauwersoog, wo ich dann hoffentlich den Mast wieder stellen kann, um den Rest der Reise mit einem Segelboot absolvieren zu können.
Der Abend in Groningen war leider total verregnet. Eine schöne (Studenten-)Stadt, die ich von vorherigen Besuchen schon kenne. Mein Sohn Philipp hat hier ein Jahr gelebt und seinen Master absolviert. Die Rijkuniversität Groningen ist eine der ältesten Hochschulen der Niederlande.
Donnerstag, 26. August 2015
27 Kanalmeilen
Wie geplant, ging es heute dann von Groningen nach Lauwersoog. An einem Tag, den man – rein wettertechnisch – direkt streichen sollte. Es hat den ganzen Tag geschüttet. Teilweise so heftig, dass ich nicht einmal meine Kamera in die Hand nahm, um ein Foto zu machen. Auf jeden Fall erreichte ich am Nachmittag den Yachthafen Noordergat in Lauwersoog am Lauwersmeer. Schon von unterwegs hatte ich mit dem Hafenmeister telefoniert und einen Termin zum Mast stellen vereinbart. Und schon gegen 19:00 Uhr war LuMMEL wieder ein Segelboot! Und beflaggt mit den Gastlandfahnen der bereisten Länder!
Nach rund 50 Stunden und 235 Seemeilen Kanal tuckern sowie die Passage von ca. 12 Schleusen, hoffte ich dann sehr, dass morgen wieder Segeln angesagt ist! Allerdings bin ich ja nun nicht mehr in der Ostsee, sondern im Wattenmeer von Gezeiten abhängig. Mein Weg morgen sollte mich nach Ameland bringen. Abfahrt von Lauwersoog 3 Stunden vor Hochwasser, damit man alle flachen Stellen gut passieren kann:
- Hochwasser Lauwersoog: 10:00 Uhr
- Abfahrt: 7:00 Uhr
- Aufstehen: 5:30 Uhr
Also nix wie ins Bett….
Freitag, 27. August 2015
19 Seemeilen
Nach der kurzen Nacht ging LuMMEL um 7:00 Uhr als erster des Tages durch die Schleuse nach See. Zu Beginn der Etappe war noch eine ziemliche Suppe mit Sichtweiten von max. 1 Seemeile. Die Fähre von Schiermonnikoog und einige Fischer konnte man aber nicht übersehen.
Nach einer rund 4,5-stündigen Wattfahrt war ich recht früh auf Ameland und konnte mich nach recht bewegungsarmen Kanal-Tagen mal wieder mit einem Leihfahrrad etwas austoben. Meine kleine Tour führte mich durch den Hauptort Nes mit seinen hübschen Häuschen, zum Strand auf der Nordseite der Insel und zur Station der Seenotrettung in der Ballumerbucht.
Auf den Fotos sieht man sehr schön, was in diesem Revier die Herausforderungen im Gegensatz zu den Steinen in den Schären Finnlands und Schwedens sind: gelegentlich fehlendes Wasser und Sandhaufen.
Und ich wurde abermals Zeuge einer Rettungsaktion, diesmal am Deich von Ameland. Allerdings sind die Protagonisten in Bronze gegossen! Gott sei Dank!
Morgen wird es weiter nach Terschelling gehen. 3 Stunden vor Hochwasser, Hochwasser ca. 10:30 Uhr. Abfahrt 7:30 Uhr. Aufstehen 6:00 Uhr. Gute Nacht!
Hallo Rainer,
sehr schöner Bericht und tolle Bilder, da bekomme ich schon mal ein bischen Vorgeschmack auf meinen Törn nach Holland im nächsten Jahr.
Gruß Heinz
LikeLike
Hallo Heinz, da kannst du dich sicher drauf freuen. Wenn Du auch ins Watt möchtest hier schon mal ein APP-Tipp zur Gezeiten Berechnung: quicktide. Echt super!
Ich bin Montag Abend in meinem Heimathafen… Schön war es…
Grüße, Rainer
LikeLike