London und die Tage danach

11. Tag: London, Hafentag.

Was macht man in London an ca. anderthalb Tagen, wenn man eigentlich schon alles einmal gesehen hat. Wieder die Oxfordstreet entlang bummeln und Schoppen gehen? Mit all´ den tausend anderen London-Besuchern in den Tower, den Buckingham-Palast, die Westminster Abbey, das London Eye, die Tate-Galerie etc. besuchen? Nein. Wir haben uns zunächst für einen Marktbummel entschieden. Unser Ziel war der Old Spitalstreet Market. Hatte uns unser Liegeplatznachbar empfohlen. Ein Schotte, der die Woche über in London arbeitet und im St. Katherinsdock auf seinem Boot lebt. Schon verrückt, aber die Liegeplatzgebühr von ca. 60 £ (!) pro Tag ist immer noch günstiger, als ein Apartment zu mieten.

Old Spitalstreet Market
Samba-Tanzen am Sonntag

Gleich in der Nähe vom Old Spitalstreet Market haben wir noch einen ganz besonderen Tipp gefunden. Das Dennis Severs´s House. Dennis Severs lebte in diesem Haus – völlig freiwillig – so, wie man im frühen 18. Jahrhundert in einem Haus in einer Stadt wie London gelebt hätte. Nach seinem Tod 1999 ist daraus ein Museum entstanden. Über drei Etagen kann man Räume und deren Interieur besichtigen und sich dabei um Jahre zurückversetzt fühlen.
Wenn man vor dem Haus steht und die Türe ist geschlossen obwohl eigentlich Öffnungszeiten sind. Einfach etwas warten. Die Tür wird sich öffnen und ihr werdet hineingelassen in eine längst vergangene Welt…

Unscheinbares Museum

Speakers Corner. Unser nächstes Ziel. Besonders an Sonntagen versammeln sich in der Speakers Corner im Hyde Park die Menschen, um über Politik und andere aktuelle Themen zu sprechen. Klar, die meisten von den „Speakers“ sind schon Selbstdarsteller oder solche, die es noch werden wollen. Auffällig war hier, dass viele Londoner mit Migrationshintergrund an den Diskussionen teilgenommen haben. Klar, denn Themen wie der Islam werden nach den Anschlägen in London viel und breit diskutiert.

Da geht es lang!
Nicht alle wollen alles hören…
Verrückte Typen
Einsamer Speaker

Nach der Speakers Corner hat es und dann nach Venedig verschlangen. Ins Little Venice. Nördlich vom Hydepark gelegen (Paddington Station), findet man Hausboote und Restaurantboote an einem Kanal, der weiter durch England bis nach Liverpool führt. Ein netter Spaziergang vorbei an Cafes und teils skurrilen Wohnbooten an den Ufern. Es lohnt sich!

Boot mit Garten
Little Venice
Kanal-Cruising nach Liverpool

Zum Tagesabschluss sind wir noch der Empfehlung unserer Kellnerin in einem Lokal in Little Venice gefolgt, wo wir einen Snack genommen haben. ÜberCamden Town kamen wir ins Gespräch, weil ich ein „local beer“ bestellt hatt und dieses in Camdon Town gebraut wir. „You don`t know Camden Town? One of the most visited places in London!“ Ohne so genau zu wissen, was uns erwarten würde, haben wir uns noch per Underground auf den Weg gemacht. Camden Town scheint wirklich ein Hot Spot für zumeist jüngere Menschen zu sein. Schoppen, Pubs, Live Music und ebenfalls an dem Kanal nach Liverpool gelegen.

Shops in Candem Town
Schleuse in Candem Toen

So ging ein Tag in London bei herrlichem Sommerwetter wie im Flug vorbei, ohne dass wir auf Big-Ben oder den Piccadilly-Circus getroffen wären.

12 Tag: von London nach Queenborough: 42 Flussmeilen

Für 14:50 Uhr hatten wir unsere Log-Out-Zeit mit dem Hafenmeister der Marina vereinbart. Also noch etwas Zeit, um einen Spaziergang an der Themse Richtung London-Bridge und Borough-Market zu machen. Nein, nicht weil wir unbedingt sehen wollten, wo sich unlängst der schreckliche Anschlag zugetragen hat. Vielmehr deshalb, weil wir schon vor ein paar Jahren den Borough-Market bei einem Besuch in London entdeckt hatten. Ein Markt, bei dem sich alles um kulinarischen Genuss dreht. Also etwas für Annette und mich 🙂

Eingang zu Borough Market

Als wir an der Stelle vorbei kamen, an der nach dem Anschlag Blumen und Kerzen für die Opfer niedergelegt wurden, sahen wir, dass hier die Aufräumarbeiten im Gange waren. Aber nicht einfach so mit einem Besen… Nein, Passanten, die wohl zufällig vorbei kamen halfen den städtischen Bediensteten dabei, die mittlerweile verwelkten Blumen und abgebrannten Kerzen in einen LKW zu verladen. Alles geordnet, gelassen und gefasst. So begibt sich eine Stadt ganz unaufgeregt wieder in den Alltag.

Zurück zum Alltag

Statt mit der stickigen Tube zurück zur Tower Bridge zu fahren, wollten wir eine Flussfahrt auf der Themse machen, hatten wir ja noch nicht;-). Also Tickets für die Fahrt bis zum St. Katherins-Pier gekauft und auf unsere Fähre gewartet. Die kam dann auch, wir steigen ein und los ging die Fahrt. Sollte zeitlich ja alles wunderbar mit unserer vereinbarten Schleusenzeit passen. Als unser Dampfer allerdings einfach an unserer Haltestelle vorbei rauschte, musste ich einen kurzen Sprint zum Brückendeck hinlegen und den Bediensteten unser Tickets zeigen, welche bis zum St. Katherins-Pier gelöst waren und nicht bis nach Greenwich, der nächsten Haltestelle. „You are in the wrong Boat“ musste ich mir dann anhören. Aber nachdem ich erklärte, wie wichtig es wäre hier Aussteigen zu können (Termin für die Schleuse!) drehte der Kapitän kurzerhand bei, um uns an unserer Pier abzusetzen.

Vielen Dank, lieber namenloser Kapitän!

Der Rücktour die Themse wieder runter bis nach Queenborough stand dann nichts mehr im Wege. Queenborough erreichten wir dann am Abend gegen 21:00 Uhr. Die letzten anderthalb Stunden der Passage waren dann nicht so lustig. Bei Wind gegen Strom hatten wir teilweise heftige Wellen in der Themse-Mündung und wir waren froh, sicher an der Mooring in Queenborough angekommen zu sein.

13. Tag: Von Queenborough nach Faversham, 13 Flussmeilen

Eigentlich sollte uns unsere Fahrt nach der Nacht in Queenborough weiter nach Ramsgate führen. Die Wind- und Wetteraussichten versprachen allerdings keine guten Bedingungen für die Themsemündung: Wind gegen Strom. Und der Wind auch mal mit Böen von 5 bis 6 Bft. In Queenborough bleiben war aber auch keine Alternative. Was also tun? Ein Blick in die Seekarten und meine Revierführer hatten dann doch noch eine Alternative für ein Weiterkommen parat: Der Swale.

The Swale

Der Swale ist eigentlich kein Fluss, sondern ein „tidal waterway“, der beginnend am River Medway in Queenborough nach ca. 20 Seemeilen wieder in der Themse mündet und von beiden Seiten von den Gezeiten mit Wasser bedient wird. Ein zum Teil bei Niedrigwasser trockenfallendes Gebiet. Der Swale war zu früheren Zeiten wesentlich tiefer und schiffbarer als heute, auch für größere Schiffe. Bis vor einigen Jahrzehnten war er die Hauptschifffahrtsstraße von der Nordsee in Richtung London. Dies bezeugen eine Vielzahl von Wracks, die sich steuer- und backbords bei Niedrigwasser zeigen.

Wrack 1
Wrack 2
Wrack 3

Als Hafen hatte ich mir Faversham ausgesucht. Eine Kleinstadt mit vielen alten Häusern und schönen Straßenzügen. Ein Telefonat mit dem „Harbourmaster“ der Iron Warf Boatyard zu meinen Fragen zur Erreichbarkeit des trockenfallenden Faversham-Creeks hatten dann meine letzten Fragen beantwortet. Eine Einfahrt und Ausfahrt bei +/- 2 Stunden Hochwasser ist problemlos möglich. Also ging es los.

Der Swale führte zunächst noch an ein paar Industrieanlagen vorbei, eine Brücke musste für uns geöffnet werden und nach und nach verwandelte sich der Swale dann links und rechts in eine beschauliche Marschlandschaft.

Kingsferry Bridge

Pünktlich eine Stunde vor Hochwasser erreichten wir dann die Einfahrt in den Faversham-Creek und wir machten fest bei der Iron Wharf Boatyard.

Annette ist begeistert!

Eines muss man den Engländern ja lassen. Ich habe selten so zuvorkommende, höfliche und hilfsbereite Menschen erlebt wie auf dieser Reise. So standen auch hier bei unserer Ankunft 4 Menschen bereit, um uns beim Anlegen zu helfen. Vielleicht auch deshalb, weil sich sonst keine Touristen (auf dem Wasserweg) in diese Gegend verirren…

Und wenn diese Freundlichkeit nicht gewesen wäre, hätte ich sofort wieder umdrehen müssen. So sagte jedenfalls Annette. Die Duschen in einem katastrophalen Zustand. Das ganze Gelände ein großer Spielplatz für „große Jungs mit Boot“ und zugleich der Friedhof vieler Träume von einem Schiff, welches mit eigener Hände Arbeit zu neuem Glanz kommen sollte, es wohl aber nie kommen wird…

Graveyard of broken dreams
„Sanitäre Anlagen“

Die Liegeplatzsituation war jedenfalls sehr interessant. Noch nie habe ich an einer Pier festgemacht, wo rund 6 Meter Tidenhub zu verzeichnen waren, und das Wasser vollkommen verschwunden war!

Der Fluss ist leer…

Hoffentlich ist das Wasser morgen wieder da, wenn die Reise weitergehen soll.

 

 

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